Erfahrungen mit knochenverankerten Hörgeräten

Seit über 40 Jahren wird das knochenverankerte Hörgerät BAHA bei etwa 50'000 Patienten bisher verwendet. Damit liegt ein sehr grosser Erfahrungsschatz vor.

Die Entwicklung dieses Hörgeräts kommt von der Implantat-Firma Branemark in Schweden, welche im Bereich der Zahnimplantate Pionierarbeit geleistet hat. Das „Nebenprodukt knochenverankerte Hörschraube“ hat sich seither zu einer eigenständigen Entwicklung gemausert. Das Prinzip der Schallübertragung bewährt sich nun seit Jahrzehnten.

Die Funktion des BAHA ist einfach zu erklären: ein auf die implantierte Schraube aufgesetztes Vibrationshörgerät nimmt über ein Mikrofon Schall auf, verstärkt diesen und überträgt die Schwingungskurve mechanisch auf die Schraube. Von dort werden die Schwingungen über den harten Knochen des Schädels direkt an das Innenohr geleitet. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Innenohr der gleichen Seite oder dasjenige der Gegenseite noch besser hört.

Welche Patienten profitieren von einem BAHA?

Alle Patienten mit einer Störung der Schallübertragung über dem Gehörgang, das Trommelfell oder die Gehörknöchelchen ins Mittelohr können von einem BAHA eine Verstärkung erwarten. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, welche Ursache die Schallleitungsstörung hat. Einzig entscheidend ist die Hörfähigkeit des Innenohrs. Für das kleinere BAHA-Gerät sollten die Schwellen nicht tiefer als etwa 45 dB in den Hauptsprachfrequenzen liegen, beim grösseren Taschengerät liegt diese Schwelle bei etwa 70 dB. Der HNO-Arzt wird die entsprechenden Audiometriemessungen durchführen und die Indikationsgebiete mit dem Patienten diskutieren.

Typische Indikationen

  • Fehlender Gehörgang: Atresie
  • Fehlendes äusseres Ohr: Ohraplasie
  • Unverträglichkeit ein konventionelles Hörgerät im Gehörgang zu tragen wegen wiederholten Entzündungen
  • Grosses Trommelfellloch
  • Zustand nach ausgedehnter Mittelohroperation
  • Zerstörte Gehörknöchelchen
  • Steigbügelverkalkung: Otosklerose
  • Einseitige Gehörlosigkeit

Einseitige Gehörlosigkeit

Bei einseitiger hochgradiger Schwerhörigkeit oder einseitiger Gehörlosigkeit konnte bisher lediglich mit einer Überkreuzversorgung (CROS = Contralateral-Routing-Of-Signal) eine Hörverstärkung angeboten werden. Dies bedarf aber der beidseitigen Hörgeräteversorgung mit einer Kabelverbindung vom gehörlosen zum hörenden Ohr. Diese Kabelverbindung wird über den Nacken gelegt oder auch in eine Brille integriert. Damit ist das Hörvermögen aber immer an das Tragen der Brille gekoppelt.

Patienten haben mit der konventionellen CROS-Versorgung keine guten Erfahrungen gemacht. Das Tragen eines Hörverstärkers im sonst gesunden gegenseitigen Ohr wird schlecht toleriert. Auch die akustische Übertragung lässt zu wünschen übrig. Insgesamt muss man festhalten, dass die akustische CROS-Versorgung unbefriedigend ist.

Mit dem BAHA gibt es nun die Möglichkeit, auf dem gehörlosen Ohr die knochenverankerte Schraube einzusetzen. Das BAHA-Gerät nimmt damit die Schallrichtung von der gehörlosen Seite auf, überträgt diese auf den Knochen und leitet die Vibrationen auf das Innenohr der hörenden Gegenseite. Damit kann der Patient erstaunlicherweise auf dem gehörlosen Ohr wieder fast normal hören. Selbst Flüsterzahlen werden wieder verstanden.

Vorteile für die Versorgung der gehörlosen Seite mit dem BAHA:

  • Gespräch am Tisch: Verstehen von beiden Seiten
  • Gespräche im Auto: viel besseres Hörvermögen
  • Spazieren gehen mit andern Personen: die Seite spielt nun keine Rolle mehr
  • Bessere Sicherheit im Verkehr

Eine eigentliche Stereo-Versorgung kann allerdings mit dem BAHA als CROS auch nicht erreicht werden. Einige Patienten lernen aber, den unterschiedlichen Klang des BAHA gegenüber dem gesunden Ohr zu unterscheiden und damit eine gewisse Stereo-Wirkung zu hören.

Indikationsstellung und Kostengutsprachen

Durch jeden HNO-Arzt der Schweiz kann die Hörgeräteabklärung erfolgen und die Anmeldung bei der IV-Stelle (bis Alter 65 Jahre) oder bei der AHV (nach Alter 65 Jahre) eingeschickt werden. Die Kosten der Operation werden durch die Krankenkassen übernommen. Seit 01.01.2005 ist das BAHA eine Pflichtleistung für alle Krankenkassen. Die Kosten für den äusseren Teil werden z. T. durch die IV/AHV-Stellen übernommen. Es bleibt in der Regel ein Restbetrag übrig, der vom Patienten direkt bezahlt werden muss.

Durchführung der Operation

In der Schweiz sind einige Kliniken und einige HNO-Privatärzte für die Implantation des BAHA zertifiziert. Nur diese Ärzte dürfen die knochenverankerte Schraube einsetzen. Damit wird eine hohe Operationsqualität erreicht.

Der Eingriff erfolgt in der Regel in örtlicher Betäubung mit oder ohne Dämmerschlaf.

Der Eingriff wird in der Regel ambulant durchgeführt.

Der Heilungsverlauf braucht etwas Geduld: die Abheilung des Hautlappens ist meistens in 4-6 Wochen abgeschlossen.

Anpassung und Einstellung des BAHA-Geräts

Das äussere Gerät des BAHA-Systems wird vom Hörgeräteakustiker abgegeben und auch von ihm eingestellt. Die Anpassung kann bereits 6 Wochen nach Operation erfolgen. Bis dann ist die Schraube genügend stark in den Knochen eingewachsen. Nach der Anpassung hat der Patient während 5-6 Jahren das Recht, jeweils kostenlos zum Hörgeräteakustiker zur Nachkorrektur zu gehen, sollte dies notwendig sein.

Gewöhnung an das BAHA

Die Patienten berichten immer wieder, wie schnell sie sich an das BAHA gewöhnen. Man spürt das Gerät überhaupt nicht. Die implantierte Schraube sitzt fest im Knochen. Man kann ohne weiteres darauf schlafen. Das mit einer Schnappkupplung aufgesetzte äussere Gerät lässt sich gut unter den Haaren verstecken. Die Tragdauer des BAHA-Geräts ist wesentlich höher als bei konventionellen Hörgeräten. Letztere werden doch immer als Fremdkörper und damit leider oft als störend empfunden.

Tägliche Hygiene

Als einzige Bedingung für die Stabilität des Implantats ist die tägliche Reinigung und Desinfektion der Haut um die implantierte Schraube nötig. Wie beim Zähne putzen muss hier täglich eine Reinigung von eventuelle Krusten erfolgen. Dies kann mit einer weichen Zahnbürste oder mit Wattestäbchen durchgeführt werden. Die Reinigung sollte mit sanftem Seifenwasser und danach mit klarer Desinfektionslösung erfolgen.

Ein- oder beidseitige Implantation

Je nach Indikation kann die beidseitige Implantation eines BAHA sinnvoll sein. Dies ist ohne weiteres während der gleichen Operationssitzung möglich. Der HNO-Arzt wird die entsprechende Indikation stellen.

Erfahrungen der Patienten

Die mit dem BAHA versorgten Patienten sind fast ausnahmslos sehr glücklich mit diesem System. Das BAHA funktioniert in der Regel problemlos. Der Tragkomfort ist hervorragend. Die akustischen Qualitäten sind ebenfalls sehr gut. Mit den neuen BAHA Geräten besteht auch die Möglichkeit einer Programmierung und auch die Verwendung eines Mikrofonsystems. Dies bietet Vorteile im Umgebungslärm.

Kann das BAHA entfernt werden?

Sollte aus irgendeinem Grund die Entfernung des BAHA notwendig sein, kann der äussere Teil mit einem Spezialschraubenzieher in Minuten entfernt werden. Die Haut wächst dann innert wenigen Tagen über der Implantatstelle wieder zusammen.

Verträglichkeit des BAHA

Titan ist ein sehr gut verträgliches Metall. Es wird an vielen Stellen im menschlichen Körper verwendet. Abstossung ist eine Rarität und muss nicht befürchtet werden.

Für weitere Frage stehe ich sehr gerne zur Verfügung. Ich wünsche den Patienten guten Erfolg und viel Freude am besseren Hören mit dem BAHA.

Praxis Prof. Dr. med. à Wengen

Ohren-, Nasen- und ästhetische Gesichtschirurgie

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